• Ein Medienhaus ohne überzeugende Online-Angebote wäre in ein paar Jahren tot

    27. April 2024, Allianz «Pro Medienvielfalt»


    Im Herbst letzten Jahres gab Medienminister Albert Rösti bekannt, was der Bundesrat auf dem Verordnungsweg durchsetzen will: Die Medienabgabe für Privathaushaltungen soll von 335 auf 300 Franken reduziert und noch mehr Firmen von der Unternehmensabgabe befreit werden (80 statt wie bis 75 Prozent). Rösti sagte in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF von heute, wo die SRG seiner Meinung nach sparen sollte: online.

    Diese Aussage ist entlarvend.

    Mit dem Aufkommen des Internets Ende der Neunzigerjahre begann sich der Medienkonsum stetig zu verändern. Wer schon vor 20 Jahren im öffentlichen Verkehr pendelte und das auch noch heute tut, weiss aus der subjektiven Erfahrung: Damals war in den Pendlerzügen das Rascheln der Zeitungen Standard, längst starren praktisch alle Leute auf ihr mobiles Gerät.

    Der Medienkonsum auf internet-basierten Plattformen und Social Media wächst und wächst. Diese Entwicklung ist mit vielen Erhebungen gut belegt. Die grösseren Medienhäuser haben längst reagiert: Sie sind mit News-Portalen, Podcasts, Videosequenzen und auf allen gängigen Social-Media-Plattformen präsent. Dazu kommen On-demand-Angebote. Wenn jemand den Beginn des «Echo der Zeit» von Radio SRF um 18 Uhr verpasst – kein Problem. Dank SRF Play kann man die Sendung jederzeit von Anfang an hören. Eine knappe Stunde nach der Erstaustrahlung der Informations- und Hintergrundsendung wird sie bereits als Podcast ausgeliefert. Dasselbe gilt für die «Tagesschau», jeden DOK, «Mona mittendrin», usw., dank der Streamingplattform «PlaySuisse» auch für Spielfilme und Serien.

    Die Transformation ist in vollem Gang, weil sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass der online-Konsum inzwischen dem Bedürfnis der Menschen am ehestens entspricht. Die BBC, die von Grossbritannien aus weltweit journalistische Standards setzt, baut sich so um, dass ab 2030 die allermeisten Angebote nicht mehr linear, sondern nur noch on demand, vorab mit Apps, zur Verfügung stehen.

    Ein Medienhaus, das die Transformation nicht schafft und seine Angebote nicht attraktiv im Netz und auf Apps präsentieren kann, wäre in ein paar Jahren tot. Das gilt auch für die SRG. Schon jetzt sind dem öffentlichen Medienhaus enge Grenzen gesetzt, wenn es um die Präsenz im Netz geht. Beiträge ohne Bezug zu Radio- oder Fernsehsendungen dürfen beispielsweise nicht länger als 1000 Zeichen sein. Das entspricht zwei kurzen Abschnitten. Jede weitere Einschränkung schwächt die SRG und dünnt ihr Angebot aus. Dass sich die privaten Medien besser entwickeln würden, ist eine Mär. Sie schwächeln, weil die Werbegelder ins Ausland abfliessen.

    Bundesrat Rösti und andere Entscheidungsträger, die die rasante Entwicklung der Medien ignorieren, sind also mit ihrem Ansatz auf dem Holzweg. Hier wäre ein gezieltes Füllen von Lücken nötig, was Fehlentscheidungen reduzieren und eine echte Debatte über den medialen Service public ermöglichen würde.